TinyForest: Besuchsbericht Roermond von Michael

Wer sehnt sich nicht nach einer grünen Oase mitten in der Stadt? Viele Menschen teilen den Wunsch nach mehr Grün in einer innerstädtischen Umgebung. Leider finden wir dort kaum naturnahe Orte.

Die Idee, schon mit kleinen Wäldern das städtische Mikroklima zu verbessern, ist nicht neu. Der 1991 mit der „Goldenen Blume von Rheydt“, dem ältesten deutschen Umweltpreis ausgezeichnete japanische Vegetationforscher Prof. Akira Miyawaki (1928-2021) beschäftigte sich bereits in den 1970er Jahren mit der Begrünung von Großstädten. Daraus entstand sein Konzept des „TinyForest“, eines dicht bepflanzten Mikrowaldes auf einer relativ kleinen Fläche. Aufbauend auf seinen Ideen pflanzte der indische Öko-Unternehmer Shubhendu Sharma als Erster kleine verdichtete Stadtwälder auf degradierten Böden.

Die Miyawaki-Methode gilt als eine der effektivsten Aufforstungsmethoden. Charakteristisch ist ihre verhältnismäßig kleine Fläche. Sie ist kaum größer als ein Tennisplatz. Dort entsteht in kurzer Zeit ein selbstständiger, biodiverser Lebensraum. Durch die hohe Pflanzdichte steigt der Konkurrenzdruck innerhalb dieses Ökosystems. Von der zunächst sehr dichten Anpflanzung (2-7 Bäume je „Quadratmeter) verbleiben nach der Stabilisierungsphase etwa 0,5-2,5 Bäume je Quadratmeter. Eine natürliche Waldgesellschaft soll dadurch statt in  200 Jahren bereits in 25-30 Jahren erreicht werden, weil die Phase der Sträucher, Gräser und Pionierbäume übersprungen wird.

Gerade weil die Bäume so dicht aneinander stehen, kommen ihre Fähigkeiten deutlich zum Tragen. Sie kühlen nicht nur heiße Außentemperaturen herunter. Sie speichern auch Wasser und filtern Schadstoffe wie Stick- und Schwefeloxide aus der Luft und entziehen ihr Feinstaubpartikel, kurz: sie verbessern das Stadtklima deutlich.

Die enge, mehrschichtige Baum- bzw. Gehölzdichte trägt zur Biodiversität bei. Sie bietet Vögeln, Kleintieren, Schmetterlingen, Käfern und anderen Insekten Unterschlupf.

Um den Bäumen möglichst gute Startbedingungen zu schaffen, kommt anfangs schweres Gerät zum Einsatz. Dies ist besonders bei versiegelten Flächen unabdingbar. Mithilfe eines Baggers werden der Oberboden und ein Teil des Unterbodens abgetragen und je nach Bodentyp mit Kompost dick gemulcht und mit organischem Material wie Stroh oder Laub vermischt.

Ein Zaun ringsum sorgt dafür, dass die innere Fläche Flora und Fauna vorbehalten bleibt. Der Bereich vor dem Zaun kann als Ort für soziale Begegnungen gestaltet werden, als gemeinschaftsfördernder Treffpunkt für die Anwohner und Kinder der Nachbarschaft, aber auch als ein Outdoor-Klassenzimmer für eine benachbarte Schule. Er bietet den Pädagogen die Chance, ihren Schülern eine naturnahe Umweltbildung früh und konkret erlebbar zu vermitteln. So erfahren sie spielerisch, wie sich die Natur entwickelt und übernehmen Verantwortung für ein gesundes Umfeld.

Inzwischen ist aus dem TinyForest-Konzept eine weltweite Bewegung entstanden, die auch schon Deutschland erfasst hat. Das hat sich inzwischen bis nach Mönchengladbach herumgesprochen.

Der Permakultur-Designer Harald Wedig, ein „Gladbacher Jung“ hat auf dem Gelände des Biolebensmittel-Konzerns Alnatura einen TinyForest entstehen lassen. Außerdem ist er Gründer der TinyForest-Gilde, einem Zusammenschluss von Menschen, die anderen helfen, TinyForests umzusetzen. Wedig bringt nicht nur die notwendigen Erfahrungen mit, sondern auch die Begeisterung, in seiner Geburtsstadt Mönchengladbach ein solches Miniwäldchen zu realisieren.

Wie fügt sich eine solch kleine grüne Insel in ein Wohngebiet ein? Um sich ein erstes eigenes Bild von einem solchen Miniwäldchen zu machen, besuchte eine 16-köpfige Interessengruppe, bestehend aus Mitgliedern des Rotary Club Mönchengladbach Gero, dem        Inner Wheel Club Mönchengladbach und von Transition Town Mönchengladbach, Anfang September 2022 den im Roermonder Stadtteil Maasniel 2019 angelegten TinyForest. In dem inzwischen schon recht hoch und dicht gewachsenen Wäldchen dominiert bewusst der Wildnischarakter.

Die Teilnehmer waren sehr angetan von den fachkundigen, praxisnahen Ausführungen von Harald Wedig. Es gelang ihm, die vielen Nachfragen erschöpfend zu beantworten. Positiv gestimmt von dem Erlebten und dem Wunsch, auch in Mönchengladbach etwas Vergleichbares wie in Roermond zu schaffen, ging es dann auf den Heimweg.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert